»Wissen sie« hob sie an »am Ende geht es im Ausdruck immer um die Überwindung von Hemmungen. Je freier sie sind, umso mehr entfaltet sich ihr Ausdruck.«
Die Interviewerin verstand nicht so recht und bat »Könnten sie uns das an einem Beispiel verdeutlichen?«
»Natürlich. So lange sie nicht völlig Eins sind mit sich, spürt der Zuschauer, dass sie innere Hemmungen empfinden. Sie müssen völlig Eins sein mit sich, dann ist die Distanz zwischen ihrer Person und ihrem Körper und damit ihrem Tanz verschwunden und dann sind sie authentisch und ungehemmt.«
»Wie haben sie dies erreicht.«
»Bis heute nicht. Das ist ein Prozess, der nie aufhört und jeden Tag im Kleinen wieder von Neuem beginnt.«
»Gut, wie machen sie Fortschritte?«
»Man muss Schritt für Schritt an sich arbeiten und sich frei machen.«
»Wie das?«
»Indem sie zuerst Konventionen, dann Sitten und schließlich Tabus über Bord werfen.«
»Wie geht das?«
»Indem sie sie brechen.«
»Erzählen sie uns ein Beispiel.«
»Gerne. Ich habe bereits vor vielen Jahren in meiner Jugend damit begonnen, mich ganz und gar zu befreien.« sie machte eine Kunstpause und rückte ihr Haar und ihren Hintern zurecht. »Damals war es in Mode Freizeit in Diskotheken zu verbringen und dort zu lauter Musik wild zu tanzen. Doch sehr bald war eine Grenze erreicht, sich völlig gehen zu lassen, _auszuflippen_, wie man das damals nannte. Mehr als wild und unkontrolliert ging eben nicht. Eine Grenze war erreicht. Es wurde langweilig.«
»Und wie reagierten sie auf diese Situation?«
»Nun, es war ganz einfach: die Grenze sprengen. Wir, eine Freundin und ich, begannen damit barfuß zu tanzen, um das Erlebnis zu intensivieren. Eines Nachts, es war schon sehr spät – die meisten Discobesucher waren längst nach Hause gegangen – da überkam mich die Lust und ich zog mein Höschen aus, das ich unter einem nur sehr kurzen Sommerkleidchen trug, das ohnehin so geschnitten war, dass das weiße Höschen darunter bei jeder Bewegung aufblitzte.«
»Und man konnte…« die Interviewerin nahm die Hand unwillkürlich vor den Mund.
»Natürlich, ich zog mich ja nur zu dem Zweck aus, dass man meinen nackten Arsch sehen konnte, wenn ich tanzte. Und man konnte ihn sehen.«
…