129 Der Kurs

»Bei uns werden sie tanzen lernen, wie nirgendwo sonst.«

Die Ballett- und Tanzlehrerin baute sich vor ihren neuen Schützlingen auf mit dem Selbstbewusstsein und der Selbstsicherheit eines Generals. Sie war als letztes in den Kursraum gekommen wo alle Kursteilnehmerinnen sich bereits versammelt hatten.

»Na da bin ich ja mal gespannt, die nimmt ja den Mund ziemlich voll« bemerkte Jule, aber in der plötzlichen Stille des Raumes – oder war es die gute Akustik – zu laut, um nicht im ganzen Raum verständlich zu sein. Sie erschrak.

Doch die Kursleiterin blickte sie nicht mit dem vernichtenden Blick der Autorität an, sondern mit der Liebe und Nachsicht, die sie für ihre Schützlinge empfand und vor der Erfahrung, dass solche Zweifel in jedem Kurs wieder aufs Neue auftauchten und dass sich am Ende nicht selten die anfangs aufmüpfigen und eigensinnigen als die besten Tänzer erwiesen. Die andern waren dagegen oft ausdruckslos, gewöhnlich – auch nach diesem Kurs, an ihren freilich hohen Standards gemessen.

Also blieb der Einwurf folgen- und disziplinarisch konsequenzlos.

Doch dann zog er doch noch eine Folge nach sich: eine Erläuterung, was die jungen Frauen hier erwarten würde.

»Wir haben sie alle nach strengen Kriterien ausgewählt. Sie alle haben ein aufwändiges Auswahlverfahren mit anspruchsvollen Aufgaben zu unserer vollsten Zufriedenheit absolviert. Deswegen sind sie heute hier.«

»Das kann sie laut sagen« flüsterte Jule zurück. »Hast du auch nackt vortanzen müssen?«
Anni nickte. _Wenn der Laden nicht ein solches Rennomet hätte…_

»Die Aufgaben, die sie zu meistern hatten waren präzise auf die Talente abgestimmt, die sie benötigen, die Ausbildung, in die wir sie einweihen werden mit Erfolg zu absolvieren. Jeder Test sollte ihnen eine Fähigkeit abverlangen, ohne die wir sie nicht dorthin bringen können, wohin sie gehen müssen um die Meisterschaft zu erlangen.«

»Große Worte, hm« nölte Anni sarkastisch. »Was wohl splitternackig zu tanzen damit zu tun haben wird« Sie hatte schon zu viel gesehen, das grossspurig angekündigt und sehr mittelmäßig geendet hatte.

»Wahrscheinlich geilt sie sich daran auf« Kommentierte Jule frech.

»Nein, tut sie nicht« antwortete die Leiterin gemessenen Wortes …