14 FKK WG

Unsere kleine WG war eine ganz normale Wohngemeinschaft, bis Erik auszog. Dann hat sich vieles geändert. Naja, genaugenommen nicht direkt, weil er auszog, sondern weil er sein Zimmer an eine recht bemerkenswerte Zeitgenossin weitervermittelt hat. Ihr Name war Irina und sie erschien uns zuerst ganz normal. Uns, das heisst den verbliebenen WG-Insassen Karin, Elisa, Peter und meiner Wenigkeit, Ralf mit Namen. Eine ganz normale WG eben, so normal, wie eine Wohngemeinschaft sein kann, die aus drei Singels besteht und einer Frau, die es vier bis zehn mal die Woche lautstark mit ihrem Lover treibt. Elisa war wirklich etwas ungehemmt und zum Glück war ihr Zimmer am anderen Ende des Ganges, sonst würde diese Geschichte vermutlich von ihren Eskapaden handeln und einen bedeutend gereizteren Ton haben. Aber so sind es andere, die dazu angetan sind von Elisas Gestöhne zu berichten, ich werde etwas von unserem Frischling Irina erzählen, die Pünktlich zum Frühlingsanfang bei uns einzog.

Eines Tages stand sie einfach vor der Wohnungstür und sagte, sie sei der Ersatzspieler für Erik und grinste mich dabei frech an. Ich sehe sie noch wie heute vor mir, in ihrem geblühmten T-Shirt, das über ihre dunkelblauen Leggins labberte ihre dunklen mittellangen Haare zu zwei lustigen Zöpfen zusammengebunden, die wild von ihrem Kopf abstanden. Ich war etwas perplex und bat sie erstmal rein. Sie zog ihre Schuhe, in denen sie barfuss war artig an der Tür aus und kam herein.

## FKK

Erik war schon einige Tage weg und sein Zimmer stand leer. Ich fragte sie, ob sie denn das Zimmer schon gesehen hatte. Dass sie vor einiger Zeit mal bei Erik zu Besuch war bekam ich zu hören. Erik war nicht gerade faul, was Frauen anging und da konnte ich mir schon vorstellen, dass sie sein Zimmer auch kannte, wenn auch nicht gerade bei Tageslicht dachte ich und grinste in mich hinein. »Nicht was Du denkst!« lachte sie und gab mir einen kräftigen Schupps. »Vielleicht nicht« setzte sie mit kokettem Schmollen hinterher. Ich öffnete das Zimmer und sie schritt besitzergreifend hinein. »Hast Du schon sowas, wie einen Mietvertrag?« fragte ich sie. »Wie habt ihr denn das so geregelt?« entgegnete sie mir und ich erklärte ihr die übliche Vogehensweise.

Tags darauf klingelte eine riesige Matratze an der Tür. Ich öffnete und vor mir stand dieses riesige Ding in der Tür. »Hlf mr doch mal!« sagte die Matratze. Ich packte zu und mühte mich ab das Teil in unseren Flur zu befördern und da ich wusste, dass Matratzen in aller Regel kaum sprechen, hatte ich schon so eine Ahnung, dass Irina im wahrsten Sinne des Wortes dahinter steckte. Wir wuchteten das Ding also durch den Gang und mit einem lauten Plumps liessen wir es dann in ihrem Zimmer flach auch den Boden fallen. »Danke.« sagte sie ausser Atem. »Was ist denn das für ein Ding?« ächtzte ich. Sie zog sich die Schuhe aus und warf sich mit Schwung auf die Matratze. Auf dem Bauch liegend grinste sie mich an: »Weicher liegt man nur auf einer Frau. Du kannst mir glauben, ich muss es wissen.« Ein wirklich süsses und lebhaftes Ding dachte ich für mich. Wie lebhaft war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ansatzweise klar. »Kann ich Dir noch helfen« fragte ich in der Hoffnung, dass das schon alles war und ich für die abgeleistete Plackerei eine kleine Belohnung erhalten würde.

»Jaaa…«, sie machte ein nachdenkliches Gesicht. Mist! dachte ich spontan.

»Aber der Rest sind Kleinigkeiten, die ich gleich heroben habe.« Uff, Glück gehabt.

Also verschwand ich in meinem Zimmer und nach einer Weile watschelte Irina wieder Richtung Wohnungstür und kam einige Minuten später mit einem grossen Seesack zurück. Wieder raus, wieder rein, diesmal mit zwei Koffern. Stille, schliesslich Gekrame und Gefummel. Aha, sie räumte ein. Das Zimmer war mit einem Kleiderschrank möbliert und Erik hatte zwei Regale an der Wand gelassen. Ich konzentrierte mich wieder auf meine Seminararbeit und versuchte dabei möglichst mit dem Kopf nicht hart auf der Tastatur aufzuschlagen. Sie huschte an meinem Zimmer vorbei. Aus den Augenwinkeln registrierten meine Sensoren Haut, gelber Alarm. Ich wachte auf der Stelle fast komplett auf und antwortete mir aber sofort innerlich muffig selbst Tagträumer. Bevor ich den Gedanken zuende denken konnte hörte ich ihre Stimme ganz nahe. Ich schaltete innerlich in den zweiten und versuchte mich auf die Realität zu konzentrieren Erde an Ralf, da will jemand was von Dir. Vermutlich weiblich. Ich drehte meinen Kopf und sah zur Tür. Da stand sie, das heisst, ich sah nur ihren Kopf, der sich um den linken Türpfosten in mein Zimmer bog. »Habt ihr was zu trinken da, mir ist irre heiss mit der Räumerei.« »Klar« antwortete ich und erhob mich. Ich schleppte mich in die Küche, die meinem Zimmer direkt gegenüberlag und bestückte den Tisch mit einem Glas. »Cola oder Wasser« rief ich. »Cola« bekam ich zurück, dem Klang nach aus dem Bad. Aha. Ich schenkte das Glas voll und wollte mich gerade auf den Rückweg an meinen Rechner machen, da vernahm ich das Plätschern der Dusche. Ok, kein Rückmarsch ins Zimmer sondern der Dinge harren war angesagt.

»Danke«

Ich erschrak fast. Unvermittelt kam sie durch die Tür geschossen. Ihre Haare waren nass und völlig verwurschtelt. Sie hatte ein Handtuch umgewickelt und nahm ehe ich mich versah bereits das Glas vom Tisch. »Jetzt fühle ich mich besser« sagte sie und setzte sich auf den anderen Küchenstuhl. Sie nahm einen Schluck aus dem Glas und hob einen Fuss auf den Stuhl, sodass das Handtuch weit aufklaffte und unzweifelhaft den Blick auf ihren Bauch und bedeutend interessantere Gegenden freigab; leider auf der von mir abgewandten Seite; vorbeugen half auch nichts. Sie war mit ganz anderen Dingen beschäftigt, schaute mich nicht mal an sondern verrenkte ihren Kopf um aus dem Kuchenfenster zu schauen. »Das Wetter ist heute ja herrlich, nur zum Umziehen ist das gar nichts.« Ich konnte nur ein undefiniertes »Hm« hervorbringen, denn im selben Moment sprang sie wieder auf, ging zum Fenster und schaute hinaus. Das Handtuch war scheinbar unbequem und so öffnete sie es vor sich und schlang es sortierter wieder um ihren Bauch. Beneidenswerte Passanten. War unzweifelhaft ein toller Anblick. Dann lief sie zurück ins Bad, lächelte mich süss über die Schulter an und war bereits wieder aus der Tür gewatschelt. Nette Abwechslung dachte ich und kehrte in mein Zimmer zurück.

»Sag mal war da nicht auch irgendwo ein Balkon?« Da war sie wieder. Wenn das so weiterging kam ich nicht mal zu meinem wohlverdienten Seminararbeitsschlaf vor dem Rechner. Diesmal war bei ihr Sonnenbrille und Strandlaken angesagt, das sie vor ihren Oberkörper zusammen mit einem Buch hielt. »Der Balkon ist in Elisas Zimmer. Du kannst einfach durchgehen.« Schwupp war sie wieder weg.

»Welches ist Elisas Zimmer?« hörte ich aus dem Flur.

»Bei Dir direkt gegenüber.«

Das charakteristische Quietschen von Elisas Tür; sie hatte es gefunden.
Irgendwann um vier kam Elisa nach hause.

»Hi JR« rief sie (sie nannte mich immer so, weil ich eigentlich Johann-Ralf heisse und sie das irgendwie erst nach zehn Minuten Lachen verkraftet hatte). Die beiden Damen würden sich unzweifelhaft gleich kennenlernen. Elisa war in der Regel den halben Tag bei ihrem Lover und hatte Irina deswegen noch nicht getroffen.
Schon passiert. Elisa stand bei mir im Zimmer und flüsterte mit zusammengezogenen Augenbrauen und einem leicht vorwurfsvollen Unterton

»Wer ist das, auf unserem Balkon?!« Doch nicht. Sie hatte sie nur gesehen.

»Irina, sie wohnt in Eriks Zimmer.«

»Seit wann?«

»Seit heute.«

»Und was macht sie da auf dem Balkon?«

»Wie, was sie da macht« gab ich verständnislos und leicht gereizt zurück. Frauen und ihre Probleme. Was sollte Irina schon auf dem Balkon machen. Wahrscheinlich las sie in dem verdammten Buch, das sie dabei hatte. Konnte man in dieser WG nicht in Ruhe bei seiner Arbeit ein Nickerchen machen?

»Komm mit.« Elisa grinste und zog mich am Arm. »Aber sei leise.« Wir schlichen durch Elisas Zimmer zum Balkon. Da lag die kleine. Mitten auf unserer Balkonmatratze, die ein früherer Bewohner, den nichtmal ich noch kannte ausrangiert und zur Verfügung gestellt haben musste. Nackt. Splitternackt lag sie da, das Buch zugeschlagen neben ihr und schlief in der Sonne selig wie ein Baby.

»Süss nich‘« grinste ich Elisa an.

»Sie schläft, das macht sie, wenn Du es wissen willst,« muffelte ich.

»Lassen wir sie schlafen« schlug Elisa vor.