144 Salome

»Und du würdest die Salome singen. Bist du einverstanden?« erklärte der Opernregisseur mit dem Untertone der Kompromisslosigkeit seine Entscheidung betreffs.

Doch die Sängerin blieb entspannt
»Ja, ok. Das habe ich schon gemacht. Den Part kenne ich gut.«

»Wir haben aber eine kleine Änderung.«

»Und die ist?«

»Du wirst beim Schleiertanz die Schleier an- und nicht ausziehen.«

»Aha… und… was soll das?«

»Nun ja, was Jürgen noch nicht gesagt hat« mischt sich Elena, die künstlerische Leiterin ein »ist, dass du dafür logischerweise schon vorher nackt sein musst.«

»Nackt.«

»Ja, um beim Schleiertanz die Schleier an- statt abzulegen, musst du – logischerweise – vorher… nackt sein.«

»Ja… klar… nackt… es ist der Schleiertanz. Ich habe ihn schon getanzt, bis ich ganz nackt auf der Bühne stand. Ich… schaffe das.«

»Und unsere Idee ist aber, dass du diesmal die ganze Oper über nackt bist und zum Schleiertanz dann den Schleier… anlegst.«

»Ach… achwas? Die ganze Zeit schon? Die Oper ist… über zwei Stunden lang.«

»Knapp drei« mischte sich der Regieassistent ein, nur, um einen scharfen Blick vom Regisseur für seinen vorlauten Einwurf zu erhalten.

»Ja« reißt die künstlerische Leitern das Heft des Gesprächs an sich »wir haben auch vor das Publikum dazu zu ermuntern während der Vorstellung barfuß zu sein.«

»Wirklich.«

»Ja. Wir wollen das Erlebnis für alle intensivieren. Sie sollen alles fühlen, auch im Publikum… und Teil dieser Intensität ist es, dass die Salome während der gesamten Drei Aufzüge nackt ist.«

»Ganz nackt…«

»Ganz und gar nackig.«

»Wow…«

»Und… wie findest du Idee. Bist du… dabei?« drängt die künstlerische Leiterin.

»Kannst du das, nackt singen?« provoziert der Regisseur.

»Klar kann ich auch _nackt_ singen!« und dann setzt sie mit trotzigem Blick hinzu »Ich singe auch in der Dusche.«

»Wirst du also bei unserem Projekt mitmachen.«